Weiß wie Schnee war ihre Porzellanhaut, schwarz wie Ebenholz ihr Haar und rot wie Blut ihre Lippen – mal mehr, mal weniger… je nachdem, wie es ihr gerade ging. Zerbrechlich wirkte sie. Zart und schwach.

Sie war 4 Jahre alt, als wir sie kennenlernten, aber sie wirkte wie ein Säugling von ein paar Monaten.

Sie trank nicht gut. Sie mochte kaum essen. Sie war zufrieden, wenn Sie für sich war und ängstlich-unruhig, wenn wir uns mit ihr beschäftigten.

Schnell war klar, dass dieses Kind etwas hatte, was wir stupide und unproblematisch-bürokratisch, trocken und unbedacht „schwerst mehrfach behindert“ nennen. Ein Begriff, der wie kaum ein anderer eine schlecht verheilende Brandmarke für das Kind, aber auch für die Familie bedeutet. Im Sammelsurium von Begrifflichkeiten, Diagnosen, Zahlen und Paragraphen verstehen wir daraus, dass dieses Kind so gehandicapt ist, dass es nie alleine wird leben können. Das ist das, was wir verzweifelt durch Schweregrad, Pflegegrad und Co. zu erfassen versuchen. Doch verstehen wir die Familien wirklich?

Sie wirkte wie Schneewitchen… und so lebte sie auch- in einem gläsernen Sarg… allein und ohne Wahrnehmung. Untersuchungen ergaben, dass sie taub und blind sein musste. Dass ihre Angst vor uns darauf begründet war, dass sie nicht verstand was ausserhalb ihres gläsernen Sarges passierte. Weder schafften wir es rein, noch schaffte sie es heraus.
Und doch passierte etwas, was kein Test dieser Welt erklären kann. Sie nahm ihre Umwelt war, entwickelte sich, wuchs, spielte, lachte und fasste Vertrauen zu den Menschen, um sich herum. Sie war fröhlich; zufrieden so wie sie lebte.

Sie lehrte uns, dass die größte Behinderung in unseren Köpfen stattfindet. Dass die Wertung, die wir über Menschen abgeben, die größte Krankheit ist. Dass Kinder über ihr Handicap steigen können, eben weil sie es nicht als welches sehen. Dass Glücklichsein nicht an Vollkommensein gekoppelt ist und dass jedes Leben lebenswert ist.